Gelegentlich wird mir noch heute die Frage gestellt, warum ich von den Grünen zu den Piraten gewechselt bin.
Ja, ich bin, in vielfacher Hinsicht, eines der Gründungsmitglieder der Grünen in Deutschland.
Ja, ich war von 1981 bis 1983 Landesgeschäftsführer der Grünen in Hessen und habe wesentlich dazu beigetragen, dass die Grünen mit 8% erstmals in den hessischen Landtag kamen.
Ja, ich war von 1983 bis 1987 vier Jahre lang für die Grünen als Fraktionsmitglied und Bundestagsabgeordneter in Bonn und im Bundestag.
Ja, ich habe dieses Plakat geklebt und den Grünen 1983, unter anderem damit, geholfen mit 5,6% in den Bundestag zu kommen.
Meine Begeisterung für die Grünen bekam aber schon während der Zeit des Bundestagsmandates erste Dämpfer, und weitere vor allem in den Jahren danach.
Zunächst war es das völlige Scheitern des Versuchs, mehr Basisdemokratie in die Parlamente zu bringen, der mich enttäuschte.
Es waren vorwiegend die Rampensäue, die Chefideologen und deren Gefolgsleute, die zunächst in der Bundestagsfraktion, in den Landtagsfraktionen und dann nach und nach auch in der Partei das Heft in der Hand hatten. Der neue Ansatz von Basisdemokratie, also die Idee, die Menschen die es anging an der Politik zu beteiligen, wurde beibehalten. Aber sehr bald war bei den Grünen klar: "Wer Basis ist bestimmen wir". Damit war die Basisdemokratie in der grünen "Realpolitik" angekommen und taugte nur noch zum Aushängeschild.
Abgesehen davon, dass ich dann nach 2 Jahren als Landesgeschäftsführer, weiteren zwei Jahren als "Nachrücker" und nach zwei Jahren als Bundestagsabgeordneter von den Grünen in die Arbeitslosigkeit entlassen wurde, fühlte ich mich in dieser Partei nicht mehr erwünscht. Trotzdem bin ich bis zum Jahr 2000/2001 Mitglied geblieben. Neun Jahre war ich danach, abgesehen von einem kurzen Zwischenspiel bei Chance 2000, in keiner Partei, bis ich dann 2009 bei den Piraten eingetreten bin.
Kurz gefasst: Ich habe die Grünen mitgegründet, war dann ca. 20 Jahre Mitglied gewesen um dann nach fast 10 Jahren ohne Partei bei den Piraten Mitglied zu werden.
Bei den technikfeindlichen Grünen von damals, stand ich im Verdacht, neuen Medien und IT gegenüber eher aufgeschlossen zu sein. Dieser "Verdacht" begründete sich unter anderem darin, dass ich die hessische Landesgeschäftsstelle mit Kopierer, elektrischer Schreibmaschine und - damals noch - Telex technisch aufrüstete. Letztlich war ich auch politisch der Meinung, dass man Dinge die man kritisiert, auch gut kennen und beherrschen sollte.
Als ich mich als Abgeordneter für die Mitgliedschaft im Postausschuss des Bundestages bewarb, wurde meine niedersächsische Kollegin, die Pädagogin und Parteilose Heidemarie Dann, für diesen Ausschuss bestimmt. Mir kam nur die Aufgabe ihres Stellvertreters zu. In diesen Jahren waren die kommende Privatisierung der Post und die Einführung von ISDN unter anderem Thema in diesem Ausschuss. Die Grünen waren damals ausgesprochene Gegner z.B. von ISDN.
In den Jahren 1985/1986 gab es erstmals Mittel für die Bundestagsfraktionen zwecks technischer Ausrüstung mit Computern und Netzwerken. Die Grünenfraktion verwendete diese Mittel, um zwei Institute zu beauftragen den praktischen Nutzen für die Fraktion, aber auch und vor allem um die Gefahren, die von Computern und von Netzwerken ausgehen, deutlich zu machen. Ein von den Grünen beauftragtes Institut kam aus Karlsruhe, das andere aus Hamburg. Bei den Hamburgern handelte es sich um den damaligen Chaos Computer Club.
Mit Wau Holland, Steffen Wernery und anderen vom CCC freundete ich mich an und stellte ihnen mein Büro als Stützpunkt zum arbeiten, Kaffee trinken und "rauchen" zur Verfügung. Diese Freundschaft und Zusammenarbeit führte letztlich dazu, dass ich der erste grüne Bundestagsabgeordnete mit einem PC wurde (IBM-kompatibel, 10MB Festplatte und DOS).
Nach einigen Monaten der Arbeitslosigkeit, meldete ich 1988 ein Gewerbe an, um der vorgesehenen "Schulung" durch das Arbeitsamt zu entgehen.
Mehr als Hobby betrieb ich zunächst ein bundesweit erreichbares Bildschirmtext-Angebot, bei dem es mir nur schwer gelang die horrenden "Grundgebühren" der Deutschen Post und späteren Telekom zu erwirtschaften. Meinen Lebensunterhalt verdiente ich durch das Betreiben eines Buchladens.
Im Jahr 1992 schaffte ich es, mit viel Idealismus und geliehenem Geld im Zuge der weiteren Privatisierung der Deutschen Post, der erste Anbieter von Service-Telefonie im Vorwahlbereich 06 zu werden. Zusätzlich bemühte ich mich mein BTX-Angebot mit dem Internet zu verbinden, bzw. Vergleichbares auch im Internet anzubieten.
Ende 1993 erkrankte ich schwer, schaffte es aber mit viel Mühe, über Umwege und "with a little help from my friends" (Danke!) das mittlerweile aufgebaute kleine Unternehmen bis zum Platzen der Blase des "Neuen Markt" am Leben zu halten.
Hoffe dieser Blog erläutert ausreichend meinen besonderen Weg von den Grünen zu den Piraten. Ich hoffe auch er hilft dabei mich von dem Verdacht von manchen Piratenparteimitgliedern zu befreien, dass ich die Piraten auf Grün "drehen" will.
Bitte runter scrollen und auch den Blog "Piraten in den Bundestag" lesen!
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