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Samstag, 31. Oktober 2009

Sex im Kloster

Einige Tage vor dem Besuch des Dalai Lama in diesem Jahr in Frankfurt platzte die Nachricht mitten in die Vorbereitung für die Veranstaltung. Der Leiter einer der drei veranstaltenden Organisationen, ein "Mönch", hatte offenbar sexuelle Kontakte zu anderen Mönchen in jugendlichem Alter. Ein junger Mann, der angab schon vor einiger Zeit, unter anderem wegen der sexuellen Übergriffe, die Einrichtung verlassen zu haben, offenbarte seine Erfahrungen im Internetforum der DBU.
Die Diskussion über das Thema uferte derart aus, dass die Moderatoren sich entschlossen, die entsprechenden Threads zu schließen und Teile des Forums vorübergehend unsichtbar zu machen.

Nun ist das eigentliche Problem welches ich mit Sex im Kloster habe nicht, dass irgendjemand einvernehmlichen Sex hat. Es ist die, auch aus christlichen Kreisen bekannte, Doppelmoral, die mich dabei stört. Einerseits wird, aus teilweise schwer nachvollziehbaren Gründen, den Besuchern und Unterstützern des Klosters und der Mönche eine "Reinheit" derselben präsentiert. Zumindest was Asiaten angeht, ist diese Art von Mönchsstatus eine wesentliche Voraussetzung für die von buddhistischen Laien gewährte Unterstützung. Für Westler ist diese Voraussetzung im Zuge der sexuellen Aufklärung und Emanzipation nicht ganz so wichtig, wenn aber Sexualität heimlich hinter dieser vorgeblichen Enthaltsamkeit gelebt und praktiziert wird, dann stößt es auch ihnen sauer auf. Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen hat, meist im Christentum und im Islam, eine jahrhunderte währende traurige Tradition. Auch die sexuellen Übergriffe von "Seelsorgern" die von der Seele dann doch mehr zur Sorge ums Leibliche übergehen, haben traurige Bekanntheit und stoßen auf Ablehnung. Im Buddhismus scheint, wie wir jetzt mehr und mehr erfahren, die favorisierte Strategie des ehemaligen US-Präsidenten Clinton in der US-Army "Don't ask - don't tell" seit langer Zeit die übliche Umgangsweise zu sein. Was nicht sein soll/darf, das ist dann auch nicht - am besten man fragt erst gar nicht danach und darüber reden sollte man möglichst auch nicht.

Diese altertümliche und asiatische Umgangsform mit der Sexualität kann hierzulande eigentlich nur zum Konflikt führen. Zwar hält sich die Sexualmoral in Grenzen, mit der Vertreter des Buddhismus in die Öffentlichkeit gehen, aber zu Verärgerung führende Doppelmoral ist es allemal wenn Wasser gepredigt wird um dann Wein zu trinken.

Kluge buddhistische Lehrer haben das schon lange erkannt und unterrichten ihre Schüler auch entsprechend:
Es geht nicht um die Handlung an sich, sondern um die Motivation die dahinter steht und um die Wirkung welche die Handlung hat. Ist die Motivation, auch im sexuellen Bereich, so weit wie möglich von Gier, Hass und Ignoranz entfernt und ist die sexuelle Begegnung verbunden mit gegenseitiger Liebe, Zuneigung und Verantwortung dann gibt es kein vernünftiges Argument aus buddhistischer Sicht, etwas gegen Sexualität buddhistischer Laien zu sagen.
Heraus zu finden, warum nun in den buddhistischen Ordensregeln (Vinaya) ein so großer Wert auf sexuelle Enthaltsamkeit der Ordensmitglieder gelegt wird, ist Sache von Menschen, die in diesen Orden eintreten. Allenfalls können noch Buddhologen sich Gedanken machen in welchen Zusammenhängen diese Regeln entstanden sind und ob sie noch zeitgemäß sind. Auf jeden Fall ist es im Buddhismus relativ einfach seine Robe wieder abzugeben, d.h. die Ordinierung zum Mönch/zur Nonne aufzugeben, wenn man feststellt, dass man den Anforderungen der Ordensgemeinschft auf der ein oder anderen Weise nicht gewachsen ist.

In Anerkennung der besonderen Lebensbedingungen, wozu auch die sexuelle Enthaltsamkeit gehört, kommt Mönchen und Nonnen traditionell großer Respekt und Unterstützung zu. Diesen Respekt und diese Unterstützung verspielen sich die Ordinierten auf lange Sicht, wenn sie ihre eigenen Regeln missachten. Das Gespräch darüber, ob und warum gewisse Regeln sinnvoll sind, steht auf einem anderen Blatt und sollte sicher irgendwann in absehbarer Zeit geführt werden.

Samstag, 24. Oktober 2009

Buddhismus und Homosexualität

Eine Schwule Tragödie
(leicht gekürzt aus dem Blog von Shravasti Dhammika)

Hin und wieder kommt jemand auf mich zu und nach oft kurzer Zeit, nicht ohne erst um den heißen Brei herum zu reden, fragen sie mich, was die buddhistische Position zur Homosexualität sei. Daraufhin sage ich ihnen, dass absichtliche Handlungen (kamma) das Bewusstsein verändern und unser kamma (Karma) die Zukunft bedingt. Positive absichtliche Handlungen hätten positive Auswirkungen (vipaka), und negative absichtliche Handlungen hätten negative Auswirkungen. Sexuelle Handlungen, die durch die üblichen Absichten und Gefühle, die zwischen zwei sich liebenden Menschen bestehen, motiviert sind, hätten eine positive Auswirkung, seien sie nun homo- oder heterosexuell. Diesen Punkt betone ich, indem ich sage, dass buddhistische Sexualethik sich vor allem mit den Beweggründen hinter unserem Sexualverhalten – anstatt mit dem Geschlecht unseres Partners – beschäftigt.
Wenn also zwei Menschen desselben Geschlechts ihre Liebe zueinander körperlich zum Ausdruck bringen, gibt es keinen guten Grund, warum das dadurch geschaffene Karma sich irgendwie von dem Karma unterscheiden sollte, das entsteht, wenn zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts dasselbe tun.
Wenn ich das gesagt habe, versuche ich, das Thema zu wechseln. Nicht etwa, weil mich über Homosexualität zu reden in Verlegenheit brächte, sondern weil es mir nicht behagt, den Buddhismus unter ein einziges „Generalthema“ zu stellen. Vor einigen Jahren aber hatte ich eine Begegnung, durch die mir klar wurde, dass ich solchen Fragen – mögen sie von Homosexuellen selbst oder ihren Familien kommen – meine ganze Aufmerksamkeit schenken sollte. Wie theoretisch oder nebensächlich mir dieses Thema auch vorkommen mag, so ist es doch wahrscheinlich von großer Bedeutung für die Menschen, die solche Fragen stellen.

Ein junger Mann namens Julian rief mich an und fragte, ob er zu mir kommen und sich mit mir über Buddhismus unterhalten dürfe. Ich stimmte zu, und er kam zum verabredeten Termin. Es stellte sich heraus, dass er um die Zwanzig war, von zierlicher Statur und mit ansprechenden Gesichtszügen. Er wirkte gepflegt und war gut gekleidet. Er begann damit, mir einige Fragen zum Buddhismus zu stellen, aber ich spürte, dass es eigentlich nicht das war, was er wissen wollte. Schließlich kam die Frage: „Ehrwürdiger, kann ein Schwuler ein guter Buddhist sein?“ Ich antwortete wie gewöhnlich, aber es wurde bald klar, dass er damit nicht zufrieden war. Immer wieder machte er Zwischenbemerkungen und äußerte Zweifel an dem, was ich sagte. Auf seine Einwände antwortete ich ihm, aber er ließ sich nicht überzeugen. Beim toten Punkt angelangt und im Unklaren darüber, was ich ihm noch hätte sagen können, fragte ich ihn, ob er schwul sei. Er errötete, räusperte sich und sagte, er sei es. Dann erzählte er mir seine Geschichte: Seit seinen frühen Teenagerjahren fand er andere Jungs attraktiv. Er war entsetzt über seine Gefühle und hielt sie streng unter Kontrolle. Ein Jahr zuvor hatte er während seiner Wehrdienstzeit einen anderen schwulen Soldaten kennen gelernt, und seit dieser Zeit hatten sie eine Beziehung, wenngleich eine durch Schuld und Flüchtigkeit geprägte. Ein- bis zweimal im Monat legten sie ihr Geld zusammen und nahmen sich für eine Nacht ein Hotelzimmer. Zumindest bei Julian folgten danach Tage der Selbstverachtung und der Vorsatz, es nie wieder zu tun. Nachdem er seine Erzählung beendet hatte, ließ er den Kopf hängen und sagte: „Das muss einfach falsch sein!“ – „Na ja“, sagte ich, „einige Leute werden das sonderbar finden. Aber aus buddhistischer Sicht kann ich nicht erkennen, dass es besonders schädlich sein könnte. Die sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen ist eine vollkommen natürliche Angelegenheit, und das ist akzeptabel, wenn sie nicht Ehebruch oder die Verletzung anderer mit sich bringt. Der Konflikt, den du in dir mit dem Hass auf gänzlich unschädliche Gefühle erzeugst, verletzt dich mehr, als es dein Schwulsein jemals könnte. Es gibt keinen Grund, warum du nicht die Tugendregeln (Silas) achten und gleichzeitig schwul sein könntest.“

Er schwieg, aber ich bemerkte, dass ich seine Zweifel nicht hatte ausräumen können. Julian besuchte mich in den beiden folgenden Monaten noch zwei Mal. In unseren Gesprächen ging es um den Dhamma im Allgemeinen, und obwohl wir auch wieder das Thema Homosexualität behandelten, kamen wir größtenteils wieder zu den gleichen Ergebnissen.

Dann, nachdem ich fast ein halbes Jahr ihn weder gesehen noch von ihm gehört hatte, rief er mich an. Er erzählte mir von einem berühmten taiwanesischen Mönch, der in der Stadt eine Reihe von Vorträgen hielt, und dass er es geschafft hatte, ihn kurz persönlich zu sprechen. Dem Mönch hatte er dieselben Fragen wie mir gestellt. Der Mönch hatte ihm gesagt, Homosexualität sei eine ekelhafte und verwerfliche Angelegenheit; Homosexuelle würden in der untersten Hölle wiedergeboren, wo sie über Weltzeitalter hinweg in Kot gesiedet würden. Julian sagte dies in einem fast triumphierenden Ton, anscheinend froh, dass er mir einen Irrtum nachgewiesen oder jemanden gefunden hatte, der ihm Recht gab. Ich fragte ihn, was dieser ehrwürdige Mönch denn noch gesagt habe. „Nichts“, erwiderte er. „Er wollte irgendwo hin und hatte nur ein paar Minuten Zeit, um mit mir zu sprechen.“

Wie oft habe ich das schon erlebt! – Ich erzähle einem Fragenden etwas über Buddhismus, wovon ich weiß, dass es fundiert, vernünftig und in Übereinstimmung mit der Überlieferung ist, und dann geht er zu einem anderen Mönch, der ihm genau das Gegenteil erzählt, kommt wieder zu mir zurück und bittet mich, die Abweichung der Auffassungen zu erklären. Dann muss ich mich mit dem Problem herumschlagen und entweder sagen, der andere Mönch wisse nicht, wovon er da redet (was auch oft der Fall ist), und erwecke den Eindruck, ein arroganter Emporkömmling zu sein; oder ich beiße mir auf die Zunge, sage nichts und lasse diesen Menschen weggehen mit einer weiteren unausgegorenen Idee oder einem Aberglauben, von dem er meint, dies sei Dhamma. Wie oft passiert mir das? Sehr häufig! In den meisten Fällen ist es einfach nur frustrierend. In diesem Fall aber hatte es tragische Folgen.

„Sieh mal, Julian“, sagte ich, „du hast mich gefragt, was der Buddhismus zur Homosexualität zu sagen hat. Was ich dir dazu sagte, beruht auf meinem 20 Jahre langen Studium der buddhistischen Schriften und meinem Nachdenken über die verschiedensten Fragen im Lichte der Lehre Buddhas. Ich weiß nicht, was ich dir sonst noch sagen könnte.“ Ich sagte ihm noch, wann immer er mit mir reden wolle, könne er dies gerne tun, und wir beendeten unser Telefongespräch.

Vier Tage später blätterte ich in der Zeitung. Eine kleine, unscheinbare Nachricht auf Seite 8 fiel mir ins Auge. Die Überschrift lautete: „Männliche Leiche in Park gefunden“. Ich überflog kurz den Artikel und wollte mich gerade etwas anderem zuwenden, als mir der Name Julian förmlich entgegensprang. Augenblicklich wurde meine Aufmerksamkeit gefesselt. Ich las den Passus, wo der Name erwähnt wurde. Es ging tatsächlich um jenen Julian, der mich besucht hatte. Ich las den Artikel nochmals von Anfang bis Ende durch. Vier Tage zuvor, vielleicht nur ein paar Stunden, nachdem er mich angerufen hatte, war Julian am späten Abend in einen Park im Stadtzentrum von Singapur gegangen, hatte eine Überdosis Schlaftabletten genommen und wurde am folgenden Morgen tot aufgefunden. In seiner Kleidung fand man einen kurzen Abschiedsbrief, aber über dessen Inhalt wurden keine Angaben gemacht. Der Kummer überwältigte mich. Der Gedanke an ihn, wie er dort völlig allein gelassen dalag, voller Selbsthass und in Verzweiflung sich selbst tötete, brachte mich fast zum Weinen. Doch bald stieg Zorn in mir auf und wurde immer größer, bis er meine Traurigkeit vollständig verdrängt hatte. Ich stellte mir den taiwanesischen Mönch vor, wie er unbekümmert seine ignorante und letztendlich vergiftende Ansicht von sich gab, bevor er fort eilte, um eine Predigt über Mitgefühl zu halten oder die Verehrung der Menge entgegen zu nehmen. Ich wurde so wütend, dass ich den Entschluss fasste, ihm einen Brief zu schreiben und ihm mitzuteilen, wofür er da verantwortlich war. Dann dachte ich, dies wäre vermutlich Zeitverschwendung. Wahrscheinlich würde er sich gar nicht an das Gespräch mit Julian erinnern.

Ich nehme an, die meisten Menschen, die sich Gedanken um andere machen, würden zustimmen, dass Sex ohne Liebe eine ziemlich uninteressante Sache ist. Physisch betrachtet ist es wenig mehr als der „Austausch von Körperflüssigkeiten“, wie es die AIDS-Aufklärung so taktvoll ausdrückt. Was das Sexuelle über die Ebene des Austausches von Körperflüssigkeiten erhebt, sind die dahinter stehenden Beweggründe und Gefühle, wie Zuneigung, Zärtlichkeit, der Wunsch zu geben wie zu empfangen, die Bindung zwischen Gefährten, ja sogar Spaß. All dies stimmt mit einem berühmten Ausspruch des Buddha überein: „Ich sage: Die Absicht ist das Karma.“ Ist es eine positive oder negative Handlung, wenn man jemandem ein Messer in den Leib stößt? Das kommt darauf an! Ein Messer in der Hand eines wütenden, gewalttätigen Menschen wird wahrscheinlich zu einer negativen Handlung führen.
Führt dagegen ein Chirurg das Messer bei einer Operation, um jemandem das Leben zu retten, dann ist die Handlung gewiss positiv.

Aus buddhistischer Sicht wird das Sexualverhalten nicht in erster Linie aufgrund des Geschlechts der Beteiligten beurteilt, auch nicht nach einem in der Bronzezeit aufgestellten Verhaltenskodex, auch nicht danach, ob ein Rechtstext unterzeichnet worden ist, sondern nach der zugrunde liegenden Konstellation. Homosexuelle sind genauso wie Heterosexuelle in der Lage, gegenüber ihren Partnern Liebe und Zuneigung zu wünschen und zu empfinden. Und wo ein solcher Zustand gegenwärtig ist, ist homosexueller Sex genauso akzeptabel wie heterosexueller.

Dies ist eine einfache wie schlüssige Wahrheit, die im Einklang mit den buddhistischen Lehren steht, aber die Umstände waren so, dass ich nicht vermochte, Julian zu helfen, dies zu erkennen. Seine gesamte Erfahrung hatte ihm gezeigt, dass es falsch sei, sich zu Menschen desselben Geschlechts hingezogen zu fühlen. Sein persönliches Umfeld hatte immer auf Homosexualität mit Missbilligung und auf Schwule mit höhnischem Gekicher reagiert. Das (in Singapur) geltende Recht hatte ihn gelehrt, Homosexualität sei so verabscheuenswert, dass sie mit 10 Jahren Haft zu bestrafen sei – länger als für Totschlag. Er wusste, dass Religionsgelehrte – Christen, Muslime und sogar Buddhisten – sie als so verwerflich ansehen, dass sie furchtbare Folgen auf das Leben im Jenseits haben werde. All diese Verunglimpfungen und Ignoranz hinderten ihn, die sanften, vernünftigen und gütigen Worte des Buddha hören zu können. Das verursachte ihm unermessliches Leiden und trieb ihn in den Selbstmord.

Ich muss wieder an Julian denken, denn vor drei Wochen stellte ich den Buddhismus in einem Seminar zum Thema Religion und Homosexualität an einem katholischen College vor. Ich ging davon aus, dass von den 800 Studierenden unter der Hörerschaft eine gewisse Anzahl homosexuell war und damit rangen, über ihre Gefühle Klarheit zu gewinnen. Im Bewusstsein, dass das, was ich sagte, einiges damit zu tun haben kann, ob sie entweder glücklich und ausgeglichen oder aber in Qual und Selbsthass heranwachsen, verwendete ich besonders viel Sorgfalt darauf, den buddhistischen Standpunkt zur Homosexualität zu erläutern.

Ursprünglich Eingestellt von Shravasi Dhammika aus Singapur auf dem Blog Dhamma Musings im Mai 2008

Link zum Originalbeitrag im Blog Dhamma Musings in Englisch

Freitag, 23. Oktober 2009

China auf der Buchmesse

Auf dem DBU-Stand auf der Buchmesse begegneten mir Chinesen die wenig an ihrer "Regierung" auszusetzen hatten.
Exemplarisch will ich die Begegnung mit einer chinesischen Frau, welche sehr gut deutsch sprach, schildern. Die Dame schaute sich sehr aufmerksam unsere ausgestellten Bücher an und machte mich darauf aufmerksam, dass nach ihrer Meinung der kleine "Free Tibet" Aufkleber der neben den Flyern lag, nicht zu unserem Sortiment passe. Ich widersprach ihr und sagte, dass es sich bei Tibet um ein buddhistisches Land handle, das unter Fremdherrschaft steht und in dem der Buddhismus zusammen mit der tibetischen Kultur unterdrückt und zerstört wird, und dieser Kleber daher sehr wohl zum Thema Buddhismus passt.
Nun kamen die Argumente die ich allesamt von Vertretern offizieller Stellen in China oder von Chinesen, die es nicht besser wussten, gehört habe. Natürlich wird von diesen Chinesen davon ausgegangen, dass sie einen gänzlich uninformierten Westler vor sich haben dem sie mit einer unterstellten Unwissenheit entsprechende Propaganda als Realität verkaufen können.

Die erste Behauptung war, dass Tibet schon immer chinesisch war. Wenn man darauf erwidert, dass Tibet immer auch (zum großen Missfallen der Chinesen) in engem Kontakt mit den Mongolen als Schutzmacht stand und man sogar die geschichtlich verbriefte Zeit nennen kann, in der halb China unter tibetischer Herrschaft stand, wird klar, dass zur Geschichte Tibets und seiner Nachbarn keine chinesische Belehrung fruchtet.

Sofort darauf folgte das Argument mit der Infrastruktur. Die Chinesen haben den armen Tibetern die Infrastruktur gebracht, mit der sie endlich den mittelalterlichen Lebensumständen entkommen konnten.
Wenn nun jemand, der schon mehrfach in Tibet war entgegnet, dass genau diese Infrastruktur nicht den Tibetern, sondern fast ausschließlich der chinesischen Besatzungsmacht zugute kommt, stellen sich die vorgeblich sachkundigen Chinesen als diejenigen heraus, die von der Realität in Tibet keine Ahnung haben (wollen?). Die Straßen, die Telefon- und die Stromleitungen gehen von einem chinesischen Militärcamp zum nächsten und nur die Siedlungen, in denen genug Chinesen leben, werden von diesen chinesischen "Segnungen" berührt. Ansonsten sind die genannten Infrastrukturen sehr nützlich um die Rohstoffe und anderen Reichtümer Tibets auszubeuten und nach China zu verfrachten. Nicht umsonst nennt man Tibet auf chinesisch "Die Schatzkammer des Westens".

Nun kommen die Begriffe wie Feudalismus, Leibeigenschaft und anderes wovon man die armen Tibeter angeblich befreit hat.
Das Argument, dass diese Begriffe erst zusammen mit dem Marxismus in China bekannt wurden und genauso missbräuchlich und falsch verstanden einer Kultur übergestülpt werden, welche eine andere Geschichte, Entwicklung und gänzlich andere Werte hat als Europa, widerlegt in der Regel auch schnell diese Phrasen.

Mit den Argumenten verlor die chinesische Dame auch ihre Freundlichkeit und ihre Continance: sie entfernte sich schimpfend und keifend.

Sonntag, 18. Oktober 2009

Mein Freund in St. Antonio, Texas, USA

Seit Monaten habe ich einen oder mehrere regelmäßige Besucher meines Blogs aus San Antonio in Texas. Freue mich darüber und platze vor Neugierde wer in San Antonio so gern meinen Blog liest und immer wieder mal schaut.

San Antonio, Texas arrived on "Herbert Rusche Blog"


Ein Freund vermutet, dass da nur ein Server steht über den sich Leute aus aller Welt einloggen. Das wäre schade, die Geschichte und die Vorstellung, dass ich einen alten oder guten Freund in Texas habe, gefällt mir besser.

Montag, 12. Oktober 2009

Buchmesse Frankfurt 2009

Wie schon letztes Jahr beteiligt sich die Deutsche Buddhistische Union an der Frankfurter Buchmesse und wird dort zusammen mit mehreren Buddhistischen Verlagen präsent sein.

Die Standnummer ist K220 in der Halle 3.1.



Die DBU beteiligt sich zusammen mit den teilnehmenden Verlagen am

Cafe der Verlage

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Buddhismus ganz kurz


In meiner ersten Zeit als Buddhist, habe ich es selten bekannt gegeben, dass ich ein Freund der Buddha-Lehre bin und, soweit es mir möglich ist, ihr folge. Nun, als Buddhist mit einiger Erfahrung, werde ich ab und zu zum Thema gefragt. Es erstaunt mich mittlerweile auch nicht mehr, dass es meist kulturelle Eigenheiten aus buddhistischen Ländern sind, die für Buddhismus gehalten werden und welche die Leute neugierig machen. Auch sind es eher die logischen Konsequenzen, die sich aus der Lehre ergeben, als die buddhistische Lehre selbst, die Interesse und Aufmerksamkeit wecken. Parallelen, die zu bekannten religiösen Systemen gezogen werden und die man eigentlich nicht ziehen kann, sind ein weiteres Phänomen, das Erklärungsbedarf bringt.

Hier ein Versuch den Buddhismus in kurzer und verständlicher Form anhand der "vier edlen Wahrheiten" darzustellen:

Nr. 1
Es geht um Dukkha, was gemeinhin als "Leiden" übersetzt wird. Leiden ist aber nur ein Aspekt von Dukkha. Es geht auch um die Erfahrung, dass alles Materielle, und dass auch Freude wie Leid, dem Wandel unterliegt und letztlich keinen dauerhaften und zuverlässigen Bestand hat. Der Glaube, dass Dinge und Wesen einen eigenen "Wesenskern" haben und aus sich selbst heraus und unabhängig existieren und handeln, wird ständig widerlegt und führt daher auch zur Erfahrung von Dukkha.

Nr. 2
Weiter geht es darum, wie Dukkha entsteht. Kurz gefasst sind es vor allem die "Drei Wurzelgifte": Gier, Hass und Verblendung, die Dukkha entstehen lassen. Im Glauben, dass wir eine vom Rest der Welt unabhängige Existenz haben, wollen wir, dass es diesem "Ich" gut geht. Wir sammeln Gutes und Brauchbares um es dem, nennen wir es mal "Ich", so bequem und angenehm wie möglich zu machen (Gier). Wir halten uns alles fern, wir bekämpfen, was uns Probleme und Schwierigkeiten macht oder machen könnte und unser "Ich" an einem guten Dasein hindern würde (Hass). Wir leben in dem grundlegenden Irrtum, dass das "Ich" eine reale, unabhängige und dauerhafte Existenz hat, welche all unser "haben wollen" und unser "nicht haben wollen" rechtfertigt (Verblendung).

Nr.3
Nun gibt es die Beschreibung des Zustandes ohne Dukkha und ohne immer neu entstehendes Dukkha, welcher gemeinhin als Nirvana bezeichnet wird. Sicher handelt es sich hierbei um einen sehr friedlichen und irgendwie auch "himmlischen" Zustand, was dazu führt, dass Nirvana oft für eine Art "buddhistischer Himmel" gehalten wird.

Nr.4
Zu guter Letzt gibt es für den Weg von Dukkha zu Nirvana (vom "Leiden" zur "Freiheit von Leiden") eine Beschreibung bzw. eine Anleitung. Diese Anleitung nennt sich im Buddhismus
"Der achtfache Pfad".

Es ist nicht einfach, wenn man den "Buddhismus" auch Buddha-Dharma genannt auf so eine kurze Beschreibung zu bringen versucht. Hoffe es ist trotzdem verständlich und führt nicht zu weiteren Irrtümern.

Noch extremer ist es wenn man Buddhismus über Twitter (140 Zeichen) zu erklären versucht. Hier mein diesbezüglicher Versuch vor einigen Tagen:
Buddhismus: vorwiegend eine Übung um die Sicht auf die Welt der Realität anzupassen. Der Rest ist oft Exotik und Esoterik

Montag, 5. Oktober 2009

Begegnungen mit Nazis


Der Überfall von Neonazis auf eine Veranstaltung in München, bei dem ich als geladener Referent mit einer Schussverletzung in die Schlagzeilen kam, ist öffentlich geworden und gut bekannt.

Meine Freundschaft zu jungen Männern hier im Frankfurter Nordend, die sich in ihrem Skinhead Outfit wohl fühlen, sind von "altgrünen" Kollegen schon vor Jahren mit Stirnrunzeln wahr genommen worden und werden evtl. in einem späteren Beitrag Thema werden.

Hier nun eine Geschichte, die ich zwar schon erzählt habe, die aber bisher noch nicht publik wurde:

Als Abgeordneter, nicht lange nach dem Anschlag in München, wurde mir zugetragen, dass es in Frankfurt einen "schwulen Neonazi" namens Peter geben soll. Dieser war auch in einem Bericht zu Neonazis einmal im "Spiegel" im Text und mit Foto erwähnt. Unter Schwulen sprach man damals von der kleinen "Nazi-Petra", was einerseits die Gestalt beschrieb zum anderen sich aus der oft üblichen Verniedlichung und Feminisierung von Leuten in der Schwulenszene ergab.

Bei einem Besuch der Schwulendisco "Construction Five" hörte ich, dass just jener Peter anwesend sein soll. Auf meine Bitte hin wurden wir uns vorgestellt. Danach kam es zu einem zweistündigen Gespräch in dem ich erfuhr, wie und warum man als junger und dazu noch schwuler Mann zum Neonazi werden konnte. Ich wiederum hatte die Gelegenheit, ihm zu erklären, warum ich im Gegensatz zu ihm meine politische Heimat eher im alternativen und linken Spektrum sehe. Wir beide bekamen so einen Einblick in die Welt des anderen und die persönliche Entwicklung die da hin führte. Abschließend habe ich bei diesem Gespräch angeboten jederzeit für ein weiteres Gespräch zur Verfügung zu stehen. Dies vor allem, wenn sich Probleme mit seinem Schwulsein in seiner Szene ergeben sollten und er aus diesem oder anderen Gründen Ausstiegshilfe braucht.

Jahre später begegnete mir Peter wieder. Er war nicht mehr bei den Nazis. Er hatte seit Jahren einen guten Job und war inzwischen treuer SPD-Wähler, wie das schon seine Eltern aus einer Frankfurter Vorstadt traditionell waren. Das damalige Gespräch mit mir half ihm, neben anderen Kontakten und Gesprächen, wie er sagte, aus der rechten Szene auszusteigen.

Gehe mit Menschen wie mit Holz um: um eines wurmstichigen Stückchens willen würdest du nie den ganzen Stamm wegwerfen.
Chinesische Weisheit

Donnerstag, 1. Oktober 2009

So, dann krempeln wir mal die Ärmel hoch...

Das war doch schon was am Wahlsonntag. Zwei Prozent aus dem Stand. Klar, 5% oder 6 % wären besser gewesen und nicht nur wir haben soviel erhofft und erwartet.

In der Woche vor der Wahl bekam ich eine Anfrage des Bayrischen Rundfunks für eine Sendung die in Berlin am Mittwoch nach der Wahl in der Landesvertretung Bayern aufgenommen werden sollte. Vorgesehenes Thema waren Parallelen zwischen dem Entstehen der Grünen und der Piraten. Der Termin wurde dann am Dienstag freundlich abgesagt, was mir aus zeitlichen Gründen auch ganz recht war.

Am Dienstag nach der Wahl wurde die SPD auf eine Schiff auf der Spree interviewt. Natürlich muss man so ein Schiff schon eine Woche vorher buchen, wenn man als Sender eine entsprechende Kulisse für ein Wahlereignis plant. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Schiff vor vorn herein für die arme SPD gebucht war.

So kann man viele kleine und große Zeichen entdecken, dass man schon für die Piraten gewappnet war. Sehr gut, das war also der Probelauf. Nun sind alle vorbereitet auf das Erscheinen der neuen politischen Kraft und die Piraten selbst haben mehr Zeit bekommen, sich für dieses bevorstehende Erscheinen auf der parlamentarisch/politischen Bühne noch besser vorzubereiten. Auf der Ebene der Netzkultur und der Informationsgesellschaft sind die Piraten offensichtlich nicht nur angekommen, sondern längst richtig zu Hause.